Herstellung einer tiefen Baugrube unter außergewöhnlichen Randbedingungen
Im Zuge der laufenden Baumaßnahme für die Universität Hamburg „Neubau am Geomatikum – Haus der Erde“ im Stadtteil Eimsbüttel soll eine Lüftungszentrale als eigenständiges Betriebsgebäude zur Versorgung der angrenzenden Universitätsgebäude errichtet werden. Die Lüftungszentrale kann wegen ihrer Größe (vergleichbar mit einer Turnhalle) und ihres Gewichtes jedoch weder auf dem Dach noch im Inneren des noch im Rohbau befindlichen, siebengeschossigen Neubaus positioniert werden. Aufgrund fehlender Standortalternativen entschloss sich der Bauherr, die gesamte Lüftungszentrale unterirdisch in einem engen Innenhof zu positionieren, der vom weitestgehend fertiggestellten Neubau sowie dem bestehenden Universitäts-Hochhaus begrenzt wird.
Die Baumaßnahme stellt sowohl baulich als auch logistisch eine besondere Herausforderung dar, denn die zwei Untergeschosse der Lüftungszentrale erfordern die Herstellung einer bis zu 8 m tiefen Baugrube, die fast die gesamte Innenhoffläche einnimmt. Für alle Spezialtief- und Hochbaumaßnahmen steht somit nur ein äußert begrenztes Baufeld von etwa 600 m² ohne seitliche Lager- und Rangierflächen zur Verfügung. Zudem ergeben sich für den laufenden Baubetrieb weitere Herausforderungen, da der allseitig umbaute Innenhof lediglich über eine einzige verwinkelte Baustraße zugänglich ist.
Dieses geotechnisch kniffelige Vorhaben ist für HPC jedoch durchaus umzusetzen. Lesen Sie hier mehr zu unserer Baumaßnahme unter außergewöhnlichen Randbedingungen.
Die HPC-Niederlassung Hamburg hat bereits im Jahr 2020 das Baugrundgutachten für dieses geotechnisch anspruchsvolle Bauvorhaben erstellt. Gemäß unserer Erkundung besteht der Baugrund vorwiegend aus gewachsenen Sanden, die großflächig von tiefliegendem Geschiebeboden steifer Konsistenz unterlagert werden. Insofern steht im gesamten gründungsrelevanten Bereich grundsätzlich ein setzungsunempfindlicher, tragfähiger Baugrund an.
Konventionelle Grundwasserabsenkung war nicht möglich
Ein großes Augenmerk musste auf den vorhandenen Grundwasserhorizont gelegt werden. Im Baubereich steht das Grundwasser in den gewachsenen, gut durchlässigen Sanden etwa 2 m oberhalb des planmäßigen Gründungsniveaus für die Lüftungszentrale an. Zur bauzeitlichen Trockenhaltung der Baugrube hätte folglich eine aufwendige Grundwasserabsenkung und entsprechend weitreichendem Absenktrichter durchgeführt werden müssen. Da Bodenschichten infolge einer Absenkmaßnahme durch den Auftriebsentzug generell einen Lastzuwachs erfahren, wurde dieser Umstand speziell bei dieser innerstädtischen Baugrube besonders kritisch betrachtet. Auch wenn hier keine organischen Weichschichten erkundet wurden, stellt eine konventionelle Grundwasserabsenkung mit einem derart großen Absenkziel dennoch ein fast „vorprogrammiertes“ Setzungsrisiko für die unmittelbar angrenzenden, flachgegründeten Universitätsgebäude dar. Zudem wäre es ohnehin fraglich, ob eine so weitreichende Wasserhaltungsmaßnahme mitten im eng bebauten Stadtgebiet überhaupt genehmigungsfähig ist.
Trogbauweise als Lösung
Vor diesem Hintergrund entschied sich das Planungsteam für die Herstellung der Baugrube in einer sogenannten Trogbauweise. Hierbei wird ein wasserdruckhaltender, in sich geschlossener „Kasten“ aus verformungsarmen Verbauelementen erstellt, welche ausreichend tief in eine wasserdichte Sohlabdichtung einbinden müssen.
Der große Vorteil einer Baugrube in Trogbauweise besteht darin, dass sich die bauzeitliche Trockenlegung der Sohle mittels einer nur innerhalb der wasserdichten Baugrube begrenzten Restwasserhaltung bewerkstelligen lässt, ohne dabei den Außenwasserstand nennenswert zu beeinflussen. Folglich wird sowohl der sensible Eingriff in den schützenswerten Grundwasserhaushalt als auch das beschriebene Restrisiko für Setzungen umliegender Bestandsgebäude minimiert. Auch behördlicherseits gab es keine weiteren Einwände für dieses „schonende“ Baugruben- und Wasserhaltungskonzept. Die weitere Bearbeitung für die Baugrube samt Ausführungsplanung erfolgte über das Braunschweiger Ingenieurbüro Igor Martinoff Ingenieure (IMI).
Besondere Bedeutung der Bemessung und Ausführung des Baugrubenverbaus
Da der mehrstöckige Neubau sowie das Universitäts-Hochhaus mit 22 Geschossen unmittelbar an die Baugrube angrenzen, fiel der Bemessung und Ausführung des Baugrubenverbaus eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der zusätzlich einwirkenden, hohen Seitendruckkräfte aus der Grenzbebauung sowie des anstehenden Außenwasserdrucks musste bei der großen Baugrubentiefe in jedem Fall ein besonders verformungsarmes Verbausystem gewählt werden.
Zur Ausführung kam u. a. eine bereichsweise mehrlagig rückverankerte, überschnittene Bohrpfahlwand. Die Litzenanker wurden von Zwischenaushubebenen in jeden zweiten Pfahl gesetzt. Dank der Bohrpfahlüberschneidung konnte platzsparend auf eine zusätzliche Gurtung verzichtet werden. Um die allseitige Dichtigkeit der Trogbaugrube auch im Übergangsbereich zur natürlichen Sohlabdichtung zu gewährleisten, musste der Verbau etwa 2 m tief in den vorhandenen Geschiebeboden einbinden. Aus erdstatischen Gründen ergab sich abschnittsweise eine effektive Bohrpfahllänge von bis zu 18 m und damit eine ausreichend gesicherte Einbindung.
Um zumindest an dieser Seite mehr Platz für die Einbauten der Lüftungszentrale zu schaffen, entschied man sich, bündig unterhalb der Bestandsgründung einen „Dichtschleier“ mittels Düsenstrahlverfahren zu setzen, der ebenfalls bis in den Geschiebemergel reicht. Somit konnte entlang des Gebäudes auch an dieser Seite eine ausreichende Wasserdichtigkeit sichergestellt werden.
Auch die Wasserdichtigkeit wurde behördlich geprüft
Gemäß den Auflagen in der Wasserrechtlichen Genehmigung forderte die Behörde einen Nachweis über die Wasserdichtigkeit der Trogbaugrube mittels eines Pumpversuches. HPC wurde die Aufgabe übertragen, bei der Konzeptionierung des Pumpversuches mitzuwirken, ihn vor Ort zu begleiten und die dokumentierten Ergebnisse fachtechnisch zu bewerten.
Die Restwasserhaltung innerhalb des Troges erfolgte über drei Entnahmebrunnen. In einem Beobachtungszeitraum von drei Tagen ließ sich das Zielniveau der Absenkung mit sehr geringen Wassermengen von nur etwa 1 m³/h stationär einhalten, was eine sehr gute Gesamtdichtigkeit der Baugrube dokumentiert. Nach Auswertung aller Daten konnten wir daher der Umweltbehörde sinngemäß die Erfolgsmeldung verkünden: „Die Kiste ist dicht!”
Keine Verbauverformungen trotz komplexer Verbaustatik
Gemäß der äußerst komplexen Verbaustatik wurde eine maximal zulässige Kopfverformung am Verbau von rechnerisch 1 cm festgelegt. Im Rahmen eines umfangreichen Monitoring-Programms wurden zur baubegleitenden Überprüfung spezielle Messmarken an den baugrubenseitigen Außenwänden der Bestandsgebäude fixiert und fortwährend von einem Vermessungsbüro überwacht. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass bisher keine kritischen Verbauverformungen oder gar nennenswerte Setzungsschäden an den Bestandsgebäuden eingetreten sind.
Bild 1: Geomatikum mit angrenzendem Neubau „Haus der Erde“; Darstellung Baugrube für Lüftungszentrale LZ3; Copyright -> Freie und Hansestadt Hamburg, Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung, www.geoinfo.hamburg.de
Bild 2: Herstellung einer zweilagigen Rückverankerung von einem Zwischenaushub-Niveau
Bild 3: Abschnittsweiser Teilaushub Baugrube für Ankerherstellung
Bild 4: Blick nach Süden in die vollständig ausgehobene Baugrube; rechts im Bild: Freilegung Außenwand der zwei Untergeschosse vom Neubau
Bild 5: Detailansicht einer zweilagig verankerten, überschnittenen Bohrpfahlwand im Bereich des angrenzenden Geomatikums (Hochhaus der Universität Hamburg)