75 Jahre HPC AG
Dieses Jahr feiert die HPC AG 75-jähriges Bestehen. Sie waren knapp die Hälfte der Zeit dabei. Wie blicken Sie auf diese Jahre zurück, Herr Bartels?
Arno Bartels: Richtig, ich bin kein Verfechter des Mantras, dass der Wechsel zwischen Unternehmen für eine persönliche Weiterentwicklung wichtig ist. Im Gegenteil: Ich durfte in den letzten knapp 34 Jahren vieles lernen und anstoßen – durchgängig bei HPC. Die ersten Jahre bis Jahrzehnte waren neben dem Wachstum von teils veränderlichen Gesellschafterstrukturen geprägt. 1997 etwa wurde die HPC GmbH an die RWE AG verkauft. 2001 konnten wir uns dann aber als nicht börsennotierte HPC AG unabhängig machen. Dieser Weg war kein Spaziergang, aber wir haben es geschafft: Wir haben das Unternehmen erworben und gehören uns seitdem selbst!
Langfristiges Denken und stabile Governance: HPC AG, das Ingenieurunternehmen, das den Mitarbeitenden gehört
57 Aktionär:innen kamen 2001 zusammen, um ihr Unternehmen zu übernehmen. 5,75 Mio. € hat es gekostet, um die Geschäftsanteile der HPC HARRESS PICKEL CONSULT GMBH von dem Altgesellschafter RWE AG zu erwerben und sich damit unabhängig zu machen. Inzwischen sind fast doppelt so viele Menschen an dem Unternehmen beteiligt. Fast alle von ihnen sind oder waren bei der HPC AG beschäftigt. Beobachten lassen sich seither folgende Effekte:
- Mitarbeitende sind motiviert, da sie selbst von der Wertschöpfung des Unternehmens profitieren.
- Es besteht ein Bewusstsein, etwas Eigenes zu schaffen, was bleiben soll – keine Chance für quartalsweises Denken.
- Diese Form der Unternehmensführung ermöglicht ein großes Maß an Mitbeteiligung der Mitarbeitenden und folglich auch: Verantwortung und Selbstwirksamkeit.
- Die Beteiligung trägt zur Mitarbeitendenbindung
Kaufmännische Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden sind und bleiben wichtiger als kurzfristige Renditeerwartungen. Nur ein Drittel des Nachsteuerergebnisses wird an die Aktionär:innen ausgeschüttet, zwei Drittel verbleiben im Unternehmen.
Herr Osberghaus, auch Sie erlebten und erleben eine spannende Zeit bei der HPC AG. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Thomas Osberghaus: Bevor ich zur HPC stieß, war ich 17 Jahre lang als Sachverständiger für Flächenrecycling in einem mittelgroßen Ingenieurbüro tätig. 2008 wurde dieses Büro von HPC übernommen, was von den Mitarbeitenden begrüßt wurde, denn: wir konnten uns mit unserer Expertise und unserem erfolgreichen Geschäft in ein viel größeres Unternehmen einbringen, und umgekehrt haben wir vom starken Netzwerk und von der wirtschaftlichen Stabilität von HPC profitiert. Bis 2020 war ich dann Leiter der Niederlassung Rottenburg mit ihrem baden-württembergischen Standortnetzwerk. Die Niederlassung wuchs in dieser Zeit von 40 auf 80 Kolleg:innen. Wir erweiterten unser Portfolio und schlossen herausfordernde Projekte erfolgreich ab. Zu den Highlights gehörte etwa die Sanierung der Kesslergrube. Seit 2020 bin ich HPC-Vorstand, gemeinsam mit Herrn Bartels. Wir erleben und gestalten eine dynamische Zeit im großen HPC-Team.
Wenn Sie die Entwicklung seit 1948 betrachten, was waren besonders wichtige strategische Schritte?
Arno Bartels: Auf den Management-Buy-out als HPC AG bin ich bereits eingegangen. Spannend war und ist natürlich auch das internationale Wachstum. Wir begannen 1991 in Frankreich, 1994 in Spanien und 1995 in Italien eigene Aktivitäten zu starten. Zum Zeitpunkt des MBO im Jahr 2001 gab es 180 Mitarbeitende. Heute gibt es sieben HPC-Gesellschaften in Europa und rund 800 Mitarbeitende. Ganz wichtig ist jedoch: Wir wachsen nicht um des Wachsens willen. Wenn sich die Situation ergab, überprüften wir Chancen und Risiken, und wenn die Chemie zwischen den Beteiligten gestimmt hat, haben wir uns verstärkt.
Welche Innovationen haben Ihre Arbeitsfelder in all diesen Jahren umgekrempelt?
Thomas Osberghaus: Die Digitalisierung insgesamt hat unsere Arbeit verändert. Wir digitalisieren unsere Arbeitsprozesse, erfassen zum Beispiel Felddaten digital und entwickeln neue Lösungen, wie etwa unser patentiertes, digitales Gebäudeschadstoffkataster. Hinzu kommt natürlich das hybride Arbeiten – welches für uns selbst eine große Rolle spielt, aber auch für unsere Kund:innen, die wir bei den neuen Anforderungen in den Bereichen Arbeitsschutz begleiten. Apropos Digitalisierung: Datenschutz und Datensouveränität sind sehr wichtig, weshalb wir unsere Projektdaten auf eigenen HPC-Servern hosten.
Abseits von Arbeitsschutz: Welche Arbeitsfelder werden zunehmend wichtig?
Thomas Osberghaus: Das betrifft alle Leistungen, die mit der Energiewende zu tun haben. Wir machen zum Beispiel Fachplanungen beim Ausbau der deutschlandweiten Übertragungsnetze SuedLink oder SuedOstLink in den Bereichen Bodenschutz, Hydrogeologie, Geotechnik und Abfallwirtschaft. Leider werden auch alle Themen wichtiger, die mit der Klimakrise zu tun haben. Hier unterstützen wir etwa beim Starkregen- und Grundwasserressourcenmanagement. Und dann natürlich die flache Geothermie, in unserem Fall bis 400 m Tiefe.
Arno Bartels: Wir arbeiten seit jeher in den Bereichen Grundwasser, Abfallwirtschaft, Gefährdungsabschätzung und Sanierung von Altlasten, Rückbau, Standortbewertung sowie Bergbaurekultivierung und konnten breite Expertisen aufbauen.
Thomas Osberghaus: Auf diese Fachkompetenz können wir heute in neuen Anwendungsfällen bauen. Unser Wissen im Genehmigungsmanagement unterstützt etwa beim Netzausbau oder in der Umweltplanung. Unsere Erfahrungen im Bereich Siedlungswasserwirtschaft helfen dabei, Städte klimafit zu machen. In der Geotechnik optimieren wir die Planungen so, dass zum Beispiel der Ressourcen- und CO2-Verbrauch durch Beton berücksichtigt wird. Hinzu kommt das Megathema ESG: wir können unsere Partner:innen ganz konkret dabei unterstützen, ihre Investitionen nachhaltig zu tätigen.
Worauf sind Sie besonders stolz?
Arno Bartels: Wir sind resilient und haben die Pandemiezeit nicht nur gut überstanden, sondern sind sogar teils überdurchschnittlich gewachsen. Auch die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine inklusive Zinsentwicklung und abflauender Baukonjunktur konnten wir erfolgreich abfedern.
Thomas Osberghaus: Die Niederlassungen, beziehungsweise ihre Teams können stolz auf ihre Arbeit sein. Wir haben einen guten Draht zu unseren Kund:innen und ein starkes, kooperatives Miteinander.
Wo Sie gerade von den Niederlassungen sprechen: Was geht mit der dezentralen Struktur der HPC AG einher?
Arno Bartels: Bei all der Digitalisierung: räumliche Nähe ist entscheidend. Wir sind vor Ort ansprechbar und im wahrsten Sinne des Wortes greifbar. Das macht uns agil. Außerdem entwickeln wir uns auf diese Weise flexibel dort, wo es erforderlich ist.
Ist das eine Besonderheit im Vergleich zu anderen Ingenieurunternehmen?
Arno Bartels: Wir orientieren uns nicht an den anderen, sondern haben unseren eigenen Kompass bezüglich der Ausrichtung und Geschäftsfeldentwicklung.
Thomas Osberghaus: Die HPC AG ist groß und stabil – aber kein Konzern. Persönliche Nähe zwischen den Mitarbeitenden ist uns wichtig. Diese Nähe ermöglicht Teamgeist und Selbstwirksamkeit. Auch wir als Vorstände sind und bleiben für alle direkt ansprechbar. Überzeugend ist für viele auch unsere fachliche Firmenphilosophie: Qualität und Verlässlichkeit stehen ganz oben. Termine einzuhalten und Qualität zu sichern ist zunächst wichtiger als die Kosten.
Arno Bartels: Besonders ist wohl auch unsere ökonomische Firmenphilosophie: Liquidität vor Rendite vor Wachstum. Auf diese Art und Weise bauen wir Puffer auf und können mit einer gewissen Entspannung diese turbulenten Zeiten angehen.
Angenommen, Sie hätten zum Jubiläum einen Wunsch frei: Welcher wäre das mit Blick auf die HPC AG?
Thomas Osberghaus: Ich freue mich besonders über weitere Kolleg:innen im Team. Mein Wunsch ist es, dass wir die jeweiligen Generationenwechsel gut gestalten und weiterhin wechselseitig voneinander lernen. Mit Blick auf das große Ganze wünsche ich mir – und HPC – viel volkswirtschaftliche Dynamik bei der Energiewende.
Arno Bartels: Nach einer turbulenten Zeit, manche sprechen von einer Stapelkrise, wünsche ich uns allen gesellschaftlich etwas mehr Ruhe. Ich freue mich auf die kommenden Jahre, um mit HPC diese spannenden Zeiten zu gestalten.