Realisierung eines Großprojektes – Rückbau des Tanklagers Bremen-Farge
Kaum jemand kennt es: das Tanklager Farge im Norden der Stadt Bremen. Dabei gehört es zu den größten unterirdischen Tanklagern der Welt. Errichtet zwischen 1935 und 1945, erstreckt es sich über eine Fläche von 320 Hektar und besitzt ein Nennvolumen von 316.000 m3 (das entspricht dem Volumen von etwa 126 olympischen Schwimmbecken).
Das Tanklager wurde 2013 stillgelegt und soll im Rahmen einer Konversion einen neuen Nutzen bekommen – eine spannende Aufgabe für die HPC AG, die von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) mit der Objektplanung und fachtechnischen Begleitung der Gesamtmaßnahme beauftragt wurde. Ein spannendes und vielseitiges Projekt, da eine Vielzahl von Schnittstellen zu berücksichtigen sind.
Ein komplexes Gelände
Der größte Teil des Tanklagergeländes ist bewaldet. Eingegrenzt von Siedlungsgebieten sowie land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen liegt es in einem Wasserschutzgebiet. Darüber hinaus ist die gesamte Fläche als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Zu koordinieren sind somit verschiedene Fachgebiete, u. a. artenschutzrechtliche Baubegleitung, Vermessungs-, Beprobungs- und Laborleistungen, Sicherheits- und Gesundheitskoordination sowie Tragwerksplanung und Kampfmittelräumdienst.
Abb. links: Abbruchgebäude und Lagerflächen | Abb. rechts: Lager- und Aufbereitungsflächen
Die Ausführung der Rückbauarbeiten soll in vier zeitlich und räumlich getrennten Teilabschnitten über einen Gesamtzeitraum von fünf Jahren bis 2026 erfolgen. Das Rückbauvolumen der diversen ober- und unterirdischen Gebäude und Anlagen umfasst circa 90.000 m3 umbauten Raum. Zusätzlich werden rund 60.000 Tonnen betonierte Verkehrsflächen, 40.000 Tonnen Gleisschotter und 2.000 Tonnen Bahngleise zurückgebaut. Ein Großteil der rund 125 km langen Treibstoffleitungen werden mit einer für Wasserschutzgebiete zugelassenen Betonmischung verfüllt.
Vielseitige Herausforderungen
Zwei Bauabschnitte sind in den letzten zwei Jahren bereits abgearbeitet worden. Vor besondere fachliche und technische Herausforderungen wurden wir beim Abbruch der Bunkergebäude gestellt: Aufgrund der schadstoffhaltigen Anstriche mussten die Außenwände vollständig abgefräst werden, um den verbleibenden Beton als Recyclingmaterial verwerten zu können. Durch die unmittelbare Nähe der Teilabschnitte zum angrenzenden Wohngebiet spielten daher Maßnahmen zum Emissionsschutz eine ebenso wichtige Rolle. Dazu gehörte neben der Messung baustellentypischer Staub- und Lärmemissionen auch die Überwachung möglicher Schadstoffemissionen (BTEX) und die Minimierung von Erschütterungen.
Abb. links: Rückbau Gebäude | Abb. rechts: Großlochbohrungen zur Bodensanierung
Auf dem Gelände wurden außerdem bereits acht Blindgänger gefunden. Kampfmitteltechnische Arbeiten in Form von umfangreichen Sondierungen und Freimessungen bilden deshalb einen großen Teil der Schnittstellenkoordination. Auch die Schnittstelle zur ökologischen Baubegleitung und zum Arten- und Naturschutz hat großen Stellenwert, da eine Vielzahl der Flächen aufgrund des schützenswerten Vegetations-, Amphibien- und Reptilienbestandes im Bauablauf zu berücksichtigen sind.
Die Prüfung der erheblichen Mengen anfallender Boden- und Abbruchmassen nimmt einen großen Teil der Überwachungsarbeiten ein. Damit verbunden sind hohe Transportaufkommen für Abfuhr und Anlieferung von Ersatzbaustoffen und eine intensive Kontrolle der Verwertung des Materials vor Ort, da dies einer ortsfremden Verwertung bzw. Entsorgung vorzuziehen ist. Die Handhabung der Abbruchmassen erfolgt auf zentralen Lagerflächen zur Pufferung der Materialströme und zur Aufarbeitung als recyclingfähiges Material.
Angeschlossen an das Tanklager war eine Hafenanlage an der Weser, über die Produkte in das Tanklager gepumpt wurden. Diese Hafenanlage wurde ebenfalls bereits unter Berücksichtigung von Maßnahmen zum Hochwasserschutz und zur Entspannung des Grundwasserleiters zurückgebaut. Tiefreichende Bodenbelastungen wurden mittels umfangreicher Großlochbohrungen beseitigt.
Abb.: Gelände des Tanklagers
Die HPC AG übernimmt in diesem Projekt insgesamt eine Vielzahl fachspezifischer Leistungen:
- Bestandsaufnahme aller Gebäude und technischen Einrichtungen
- Ermittlung und Darstellung von schadstoffhaltiger Bausubstanz in einem Schadstoffkataster
- Erstellung eines Rückbau- und Entsorgungskonzeptes
- Geotechnische Erkundungen und Bewertungen zur Planung der Baugruben
- Antragsstellung für wasserrechtliche/behördliche Genehmigungen
- Erstellung von Lärmprognosen und Konzepten zum Lärmschutz
- Erstellung von Arbeitsschutzkonzepten
- Durchführung von Teilnahmewettbewerben
- Entwurfs- und Genehmigungsplanung, vollständige Ausführungsplanung, Vorbereitungen und Mitwirkungen bei den Vergaben
- Örtliche Bauüberwachung
- Überwachung der Einhaltung des Abfallentsorgungskonzepts
- Führung, Erstellung und Signatur der elektronischen Abfallnachweise
- Objektübergreifende, integrierte Bauablaufplanung, Koordination des Gesamtprojekts
Bisher konnten wir einen reibungslosen Ablauf der Arbeiten und die Einhaltung des Zeitplans sicherstellen.